Schokopudding
In unregelmäßigen Abständen werde ich hier Schreibübungen veröffentlichen. Und zwar lasse ich mir einen zufälligen Satz generieren und versuche daraus dann eine Geschichte zu spinnen. Ich wünsche mir selber gutes Gelingen. 😉
Das Glück liegt in den Tiefen des Schokoladenpuddings. Renate steht am Herd sinniert darüber, wie viele schöne Momente ihr Schokoladenpudding bisher beschert hat. Nicht nur, dass er wunderbar schmeckt und sie immer wieder in ihre Kindheit katapultiert, an die sie sich gerne zurückerinnert, sie verbindet noch etwas sehr Neues mit ihrer Lieblingsnachspeise.
Nach ihrer Scheidung, die sie viel Geld gekostet hatte und ihr graue Haare beschert hatte, lernte sie Wolfgang kennen. Er war ihr eines nachmittags beim Einkaufen im örtlichen Supermarkt über den Weg gelaufen. Aufgefallen war er ihr, weil er auffällig viel Schokoladenpudding in seinem Einkaufswagen liegen hatte. Entweder hatte er eine große Familie oder er war genauso süchtig danach wie sie. An der Kasse standen sie hintereinander an und als er ging, lag sein Portemonnaie auf dem Boden hinter der Kasse. Rufen und Hinterherlaufen schlugen fehl. Glücklicherweise hatte er mehrere gleichlautende Visitenkarten in der Geldbörse, so dass sie davon ausging, dass es seine Nummer war, die sie gleich wählen würde. Er hatte den Verlust schon bemerkt und sich geärgert. Zum Dank für ihre Ehrlichkeit lud er sie zu einem Stück Kuchen und einem Kaffee ein und rückblickend dachte sie, dass es zu diesem Zeitpunkt schon gefunkt haben musste.
Sie saßen vier Stunden bei erkaltendem Kaffee und den Resten des aufgegessenen Kuchens beisammen und erzählten sich Dinge, die sie normalerweise keinem Fremden je erzählt hätten. Von seiner unglücklichen Ehe mit einer chronisch eifersüchtigen Frau, “normalerweise gehe ich nicht einfach mit fremden Frauen Kaffee trinken…” oder von ihrer gerade durchgeführten Scheidung. Etwas sagte ihnen, dass sie Nummern austauschen sollten und ehe sie groß drüber nachdenken konnten, war es auch schon geschehen. Von da an schrieben sie sich täglich, er heimlich tagsüber, wenn seine Frau es nicht mitbekam, sie ganz offen, denn sie hatte ja niemanden, den sie hintergehen konnte. Irgendwann war der Punkt gekommen, an dem er es auch nicht mehr verheimlichen wollte. Zu groß war seine Sehnsucht nach Renate, also fasste er sich ein Herz und beichtete seiner Frau, dass er sich in eine andere verliebt hatte. Erwartungsgemäß flippte sie komplett aus und drohte ihm, ihn fertig zu machen. Kurze Zeit später flatterte ihm eine Anzeige wegen häuslicher Gewalt ins Haus, die er aber glücklicherweise ziemlich schnell abwenden konnte.
Die Monate zogen ins Land, die beiden Verliebten merkten täglich, dass ihre Liebe immer tiefer wurde und dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Eines Tages, an ihrem ersten Jahrestag, gingen sie im beliebtesten Restaurant der Stadt essen. Zum Nachtisch gab es natürlich Schokoladenpudding, was auch sonst? Als Renate mit ihrem Löffel zum unteren Rest des köstlichen Desserts kam, stieß dieser auf etwas Hartes, was sich als Verlobungsring entpuppte. Keine Frage, sie überlegte keine Sekunde, ehe sie ja sagte, Wolfgang um den Hals fiel und in Freudentränen ausbrach. Kurze Zeit später wurde die Scheidung vollzogen, so dass Renate und Wolfgang kurze Zeit später zu zweit im romantischen Rathaus ihres Wohnortes heiraten konnten.
All diese Gedanken zaubern ihr ein Lächeln ins Gesicht, während sie das Dessert anrührt und sich daran erfreut, dass Wolfgang und sie sich mit ihrem großen Traum, einem eigenen Restaurant, selbständig gemacht haben.